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| Der Begriff Mumie stammt vom arabischen
Wort Mumiya. Es bezeichnet das natürlich gewonnene Erdpech, dem man bis ins
19.Jahrhundert hinein in Nordafrika und Europa Heilkräfte zuschrieb. Im alten
Ägypten wurde dieses Erdpech zur Konservierung der Toten verwendet. Bereits
im 12. Jahrhundert begann man damit ägyptischen Mumien das Erdpech wieder
"abzugewinnen". Anfangs galt das Interesse "nur" dem Erdpech.
Später verarbeitete man gleich ganze Mumien. Als die Nachfrage im 16.Jahrhundert
derart stieg, wurde in den moslemischen, arabischen Ländern die Todesstrafe
für Mumienhandel verhängt. Trotzdem wurde eine ungeheure Anzahl der
Mumien lieblos aus der Ewigkeit gerissen. Im neuzeitlichen Ägypten wurden
Särge samt Inhalt mangels anderen Brennmaterials verfeuert und man nutzte
mumifizierte Arme und Beine als Fackeln. Man verschiffte Mumien auch zentnerweise
nach Europa und Amerika, wo man sie ihrer Binden beraubte, um aus den Leinenumwicklungen
Papier herzustellen oder eine Ölfarbe namens "Mummy Brown". Auch
zu Pulver zermahlen fand man sie in jeder Apotheke, als Mittel gegen allerlei
Gebrechen. In den gehobenen Kreisen des 19. Jahrhunderts pflegte man Mumien-Souvenirs
von Nilreisen als Party-Gag zur Geisterstunde auszuwickeln. Das dürfte wohl
auch einer der Gründe sein, warum so viele Pharaonenmumien auf nimmer Wiedersehen
verschwunden sind. | | |
Die Mumifizierung | | Im
Ritus der Beisetzung war die Mumifizierung der erste große Vorgang. In prähistorischer
Zeit und im Brauchtum der einfachen Leute wurde der Leichnam in fötaler Haltung
aufgenommen, anschließend in Ziegenleder eingenäht und in einem großen
Tonbehälter in der Wüste beigesetzt. Bedingt durch das trockene, warme
Klima begann der Leib auszudörren und war dadurch sehr lange haltbar. Mit
der IV. Dynastie war die Mumifizierung bereits zu einer besonderen Kunst entwickelt.
Herodot berichtet von drei Verfahren der Mumifizierung. Die preiswerteste war
auch für die wenig Begüterten erschwinglich. Sie beschränkte sich
auf die innere Auswaschung und Austrocknung durch Salz. Die kostspieligste dauerte
viele Monate und es gelang den Körper des Verstorbenen dauerhaft zu erhalten.
Die Mumifizierung erfolgte im "Haus des Lebens". Zuerst wurde das Gehirn
entfernt. Die Balsamierer führten ein Messer oder eine scharfe Sonde in ein
Nasenloch und erweiterten es durch Schaben und Drehen der Instrumente. Schließlich
durchbohrten sie das Siebbein zwischen dem Dach der Nasenhöhle und den Augenhöhlen.
Das Gehirn wurde mit einem Haken zerstückelt, um es herausziehen zu können.
Die Reste wurden vermutlich mit einer Gewebe lösenden Infusion herausgespült.
Im zweiten Schritt wurde die Bauch- und Brusthöhle geleert. Der Schnitt befand
sich jeweils auf der linken Körperseite und wurde nur sichtbar, wenn man
den linken Arm des Leichnams anhob. Mit einem Spreizinstrument wurde die Bauchdecke
angehoben, um mit der anderen Hand das Zwerchfell zu durchtrennen, um in den Brustraum
zu gelangen. Es gab aber auch die Variante eines Schnittes in Nabelhöhe.
Das hing wahrscheinlich von den Gewohnheiten des Balsamierers ab. Nach Entfernung
der Organe wurden diese gewaschen und entwässert und mit wohlriechenden und
harzigen Substanzen behandelt und in vier Krüge, die sogenannten Kanopen
gelegt. Im Neuen Reich waren sie jeweils einer Gottheit zugeordnet. Amset schützte
Gedärm und Magen, Duatmutef die Lunge, Kebehsenuf Leber und Galle und Hapi
die übrigen Organe. Der nächste Arbeitsgang war das Reinigen des Bauchraums
und das Waschen mit Palmwein und wohlriechenden Substanzen. Danach wurde der Leichnam
zugenäht und eingesalzt. |
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Nach ca. 40 Tagen im Natronsalz wurde der entwässerte Leichnam
wieder gewaschen und für die Balsamierung vorbereitet. Um den Leichnam eine
lederartige Konsestenz zu verleihen, behandelten die Balsamierer den Körper
mit einem schützenden Balsam. Durch den Schnitt in der Seite wurde eine Konservierungsflüssigkeit
in die Bauchhöhle gegossen. Dann wurde die Bauchhöhle mit Stoffstücken
und Sägespänen ausgestopft. Die Mumie wurde am Ende mit größter
Sorgfalt in lange Leinenbinden gewickelt, in welche nach und nach Amulette jeder
Art und Größe gesteckt wurden. Begleitet wurde diese Arbeit von einem
Zeremoniell aus Gebeten und Weihehandlungen. |
| Die Entdeckung der Königsmumien |
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Auf der Suche nach verborgenen antiken Schätzen entdeckte der Grabräuber
Ahmed Abd er-Rasul aus dem Dorf Kurna das Grab mit den Königsmumien. Da immer
wieder wertvolle Grabbeigaben und Papyri ungeklärter Herkunft im Handel auftauchten,
sah sich der damalige Leiter der Antikenverwaltung Gaston Maspero (1846-1916)
gezwungen der Sache auf den Grund zu gehen. So reiste er im Frühjahr 1881
nach Luxor und stellte Nachforschungen in Theben-West an, wobei schon bald Abd
er-Rasul in den Verdacht geriet, der Grabschänder zu sein. Strenge Verhöre
zwangen die Familienmitglieder schließlich, das Versteck preiszugeben. Maspero
und seine Begleiter begaben sich daraufhin zur Fundstätte und erreichten
über Schächte und Stollen einen 80 m langen Raum. Als sie den Raum mit
ihren Kerzen ausleuchteten, war die Sensation perfekt. Sie standen in einem Sammelversteck,
das Priester um 1000 v. Chr. eingerichtet hatten. Die Umbettung der Pharaonenmumien
erfolgte damals aus Sicherheitsgründen, da kaum eine Mumie in ihrem eigenen
Grab sicher war. |
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Masperos Beschreibung der Entdeckung: "Man konnte nur kriechend
weiter kommen, ohne zu wissen, wohin man Hände und Füße setzen
sollte. Die Särge und Mumien, in der Eile nur flüchtig beim Schein einer
Kerze besichtigt, trugen historische Namen: Amenophis I., Thutmosis II., in der
Nische nahe an der Treppe Ahmose I. und sein Sohn Siamun, Seqenen-Re, die Königin
Ahhotep, Ahmes-Nofretari und andere. Hinten im Zimmer erreichte das Durcheinander
den höchsten Grad aber man konnte auf den ersten Blick das Vorherrschen des
der 20. Dynastie eigenen Stils erkennen. Die Meldung des Mohamed Achmed Abd-er-Rassul,
welche anfangs übertrieben schien, war nur ein schwacher Ausdruck der Wahrheit:
wo ich ein oder zwei unbedeutende Könige zu finden erwartete, hatten die
Araber ein ganzes Grabgewölbe von Pharaonen aufgestöbert. Und was für
Pharaonen! Vielleicht die berühmtesten der ägyptischen Geschichte,
Thutmosis III. und Sethos I., Ahmose, der Befreier und Ramses II., der Eroberer. Herr Emil Brugsch glaubte, das Spiel eines
Traumes zu sein, als er unverhofft in solche Gesellschaft geriet, und ich frage
mich noch, wie er, ob ich wirklich nicht träume, wenn ich das sehe und mit den Händen greife, was einst der Leib so vieler bedeutender Männer war..." |
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1898 stieß man auf ein weiteres Versteck von Königsmumien.
Der französische Archäologe Victor Loret entdeckte das Grab Amenophis
II. In ihm befand sich hinter einer zugemauerten Seitenkammer ein weiteres Depot
von Königsmumien. Nach der Überführung ins Ägyptische Museum
stellte man fest, daß die Königsmumien durch Grabräuber zum Teil
schwer beschädigt waren. Die Mumienspezialistin Dr. Renate Germer schreibt
dazu: "Besonders schlimm erging es Ramses VI. Die Grabräuber hatten
seine Mumie buchstäblich zerhackt, die Gliedmaßen vom Körper getrennt
und den Kopf gespalten (siehe
Foto). Beim erneuten Einwickeln legten die Priester die Reste auf ein Brett
und aus Versehen sogar noch Teile von zwei weiteren Individuen mit hinzu, die
Hand einer Frau und den Unterarm mit Hand eines anderen Mannes." |
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